Donnerstag, 8. August 2019

Frankreich: Brutale Polizeigewalt bringt Regierung in Bedrängnis


Im Zusammenhang mit der Protestbewegung der "Gelbwesten" ermittelt die Dienstinspektion IGPN - die im Folgenden noch näher vorgestellt werden wird - derzeit in 288 Fällen wegen mutmaßlicher, nicht vom Gesetz gedeckter Gewaltanwendung durch die Polizei, wie just an diesem Montag bekannt wurde.
Letztere ist derzeit auch deswegen in nahezu ganz Frankreich ein Thema, weil in der Nacht vom 21. zum 22. Juni dieses Jahres der 24-jährige Besucher eines Technokonzerts - Steve Maia Caniço - infolge eines Polizeieinsatzes zu Tode kam.

"Wo ist Steve?"

Weil eine von acht Bühnen ihre Musik in der Nacht nicht zum vorgesehenen Zeitpunkt abschalten mochte, ging die Polizei gegen 4.30 Uhr mit Knüppeln, Tränen- und Reizgas gegen die Besucher vor. Hinter ihnen befand sich das Ufer der Loire, die an der Stelle kurz vor ihrer Einmündung in den Atlantik steht, und deren Strömung ziemlich kräftig ist - und dies ohne Absperrung.
Wie aus Videos von der Szene hervorgeht, riefen mehrfach Anwesende: "Da hinten ist Wasser" und "Gefahr, da liegen Leute im Wasser!" Mindestens sieben Personen konnten sich aus dem Fluss retten, doch "Steve", den quasi alle Medien längst unter seinem Vornamen bezeichnen, konnte nicht schwimmen.
Wochenlang lief in Frankreich dazu eine, viel Aufmerksamkeit erregende, Öffentlichkeitskampagne unter dem Motto: "Wo ist ist Steve?". Zur Kampagne bestehen inzwischen auch eigene Bild- und Tondokumente.
Am vorigen Montag (29. Juli) wurde nun die, unkenntliche und durch Fingerringe, später durch DNA-Analyse identifizierte, Leiche geborgen. Am selben Tag stellte Premierminister Edouard Philippe persönlich - was laut den Worten der Anwältin von Steves Familie aus der Sache eine "Staatsaffäre" macht -, den Untersuchungsbericht der "Allgemeinen Inspektion der nationalen Polizei" (IGPN) vor.
Diese Dienstinspektion ist für die Untersuchung eventueller Verfehlungen der Polizei zuständig und untersteht nicht der Polizeidirektion, jedoch dem Innenministerium. In ihrem Bericht wird behauptet, es gebe "keinen nachweisbaren Zusammenhang zwischen dem Polizeieinsatz und dem Tod von Steve Caniço".
Nun stellt sich jedoch heraus, dass die IGPN buchstäblich keinen einzigen der 89 anwesenden Partygäste, die Zeugen der Szene wurden oder selbst betroffen waren und Strafanzeige gegen die Polizei erstatteten, vernommen hat. Und ein Zeuge, der sich der IGPN schriftlich zur Verfügung stellte, wurde nicht angehört - die Institution behauptet, ihm eine E-Mail gesandt zu haben, was er selbst energisch dementiert. Ausschließlich Angehörige der Polizeiseite waren angehört worden.

Weiterlesen bei TELEPOLIS:  https://www.heise.de/tp/features/Frankreich-Brutale-Polizeigewalt-bringt-Regierung-in-Bedraengnis-4488530.html

3 Kommentare:

  1. Die Beweissicherung gegen beamtete & brutale Schläger soll unterbunden werden - meinen die Schläger.

    "Dürfen Bürger Polizeieinsätze filmen? Eigentlich hatte das Bundesverfassungsgericht die Frage bejaht und damit geklärt. Doch die Polizei hat sich neue Begründungen für eine Bestrafung filmender Bürger einfallen lassen, wie aktuelle Vorgänge in Kassel zeigen."

    https://taz.de/Prozesse-zu-Bild--und-Tonaufnahmen/!5611087/?fbclid=IwAR1WKoW-AbUtBI-7pgK6DjkRFx3ffFkGJK7v4XUFTQC0bIcOxG3yD50iX_s

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  2. Schlagen, treten, würgen – Empörung über Polizeigewalt in Frankreich nimmt zu

    https://deutsch.rt.com/europa/91136-schlagen-treten-wuergen-empoerung-ueber-polizeigewalt-in-frankreich-nimmt-zu/?utm_source=Newsletter&utm_medium=Email&utm_campaign=Email

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  3. Wo sich Machtgeiheit und Ignoranz paaren, werden die vom Gewaltmonopol Verstümmelten zur Nichtexistenz verdammt.
    "Kurz nach dem G7-Gipfel äußerte sich Macron in einem Interview auch zur Gelbwesten-Bewegung. Dabei erklärte Frankreichs Präsident, dass das Schlimmste "vermieden" worden sei. Es habe keine "irreparable Gewalt" gegeben. Seine Äußerungen wurden scharf kritisiert."
    https://deutsch.rt.com/europa/91665-keine-irreparable-polizeigewalt-macron-empoert-mit-aeusserung-zu-verletzten-gelbwesten/?utm_source=Newsletter&utm_medium=Email&utm_campaign=Email

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